Hintergrund
Ursprung
Mihaly Csikszentmihalyi:
Frage nicht "Was ist Kreativität", sondern: "Wo ist Kreativität"
Für lange Zeit galt Kreativität als eine geheimnisvolle, nicht beschreib- und erklärbare Kraft, die eher auf individuellem Talent oder "dem göttlichen Moment" (auch Zufall genannt) beruht, nicht aber willentlich oder systematisch abrufbar ist.
Diese Ansicht gilt in Kreativitätsforschung und Kreativitätsmanagement heute als überholt. Aktueller Stand der Kreativitätsforschung ist: Kreativität, speziell die angewandte Kreativität, ist eine faßbare Größe und beschreibbare Kraft und Ressource, die sich in definierte Komponenten (auch Haupteigenschaften oder Modalitäten genannt) und Aspekte (auch Untereigenschaften oder Submodalitäten genannt) unterteilt. Diese lassen sich jeweils individuell, konkret und praktisch ansteuern und optimieren. Oder, mit einfachen Worten ausgedrückt:
Kreativität hat eine eindeutige Struktur!
Kritiker, die immer noch einwerfen, dass Kreativität etwas nicht Faßbares sei, seien darauf hingewiesen: Die Tatsache, dass speziell die angewandte Kreativität (Osborn 1957) oder absichtliche Kreativität (Parnes 1960) - die gelegentlich auch Business-Kreativität, strategische / operationale Kreativität (Gordon 1957), serious creativity (de Bono 1996) oder Ideen-Kreativität (de Bono 2010) genannt wird - systematisch (und nicht zufällig) daher kommt, ist nicht neu. Ein konkretes Beispiel dazu, das auch zum Verständnis des Modells beiträgt und hilft, den systemischen Ansatz zu verstehen: Kreativitätstechniken sind seit langer Zeit bekannt und geschätzt als Werkzeuge, die die (angewandte) Kreativität systematisch steuern, optimieren und verfeinern können.
Allerdings: Die eben so viel geschätzten Kreativitätstechniken, häufig auch als der bekannteste Part der angewandten Kreativität verstanden, werden oft überbetont und isoliert eingesetzt, obwohl sie nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Leistungsspektrum des Kreativitätsmanagements darstellen. Werden hingegen im systemischen SInne bei den projektbeteiligten Personen durch entsprechende Maßnahmen auch die Denkfähigkeiten gefördert oder aber die Rahmenbedingungen für ein systematisches kreatives Arbeiten geschaffen, führt der nachfolgende Einsatz von Kreativitätstechniken fast immer zu einem deutlich effizienteren Ideen-Output.
4 P der Kreativität
Der wesentliche Vorläufer der Kreative Performance-Matrix waren die "4 P der Kreativität", ein Modell aus der Frühzeit der angewandten Kreativität, das weithin bekannt ist. Entwickelt und erstmals beschrieben im Jahre 1961 von dem US-amerikanischen Erziehungswissenschaftler Mel Rhodes, stellten die 4 P der Kreativität einen ersten Ansatz dar, das damals (und manche sagen: auch heute) noch recht unübersichtliche Feld der angewandten Kreativität so zu strukturieren, dass die einzelnen Komponenten , aus denen Kreativität besteht, eindeutig identifiziert und benannt werden. Rhodes traf eine Unterteilung in 4 verschiedene Komponenten, die noch Jahrzehnte Gültigkeit besitzen sollte:
- Person
- Prozess
- Press (ein englischer Fachausdruck aus der Didaktik; er steht für die Umgebung, die einen gewissen Druck ausübt)
- Produkt
Damit wurde das, bis dahin eher als unscharf verstandene Konstrukt der Kreativität mit einem Male eindeutig unterteilbar. Die 4 Komponenten, so verstand sie Rhodes', lieferten gleichzeitig deutliche Fingerzeige bezüglich der 4 Hauptforschungsfelder, in die kreative Forschungsbemühungen unterteilt werden konnten. Das gab dem, seinerzeit gerade im Aufschwung begriffenen Feld eine erste grundliegende Struktur und bot konkrete Ansätze für weiterreichende Erkundigungen.
Kritik
Bei aller Genialität, die diesem frühen Ansatz zugesprochen werden kann und wofür er auch lange Jahre als DER Ansatz schlechthin galt, um Kreativität zu unterteilen und damit besser verständlich zu machen, sind auch kritische Anmerkungen angebracht:
- 1) Die ausschließliche Fixierung auf P-Begrifflichkeiten rief viele Nachahmer auf den Plan, die weitere P's ergänzen wollten. Allen bisherigen Ergänzungen ( wie z.B. "Potenzial", "Problem" u.W.m.) ist gemeinsam, dass sie keine eigenständige Wertigkeit der gleichen Ebene wie die 4 P aufweisen, sondern bereits in den, von Rhodes ursprünglich formulierten 4 P abgebildet sind.
- 2) Die Benennung des Begriffs "Press" führte zu einer frühen Vorbelastung ("Umwelt, die einen Druck ausübt") des Terminus; darüberhinaus wurde in allen Veröffentlichungen (angefangen vom Urheber selbst, bis in die jüngste Zeit hinein) der Begriff immer in Klammern übersetzt mit "Umwelt" - was von Anfang an danach rief, einen, vergleichbar den anderen P's, neutraleren Begriff zu finden, der nicht unbedingt übersetzt werden muss.
- 2) Die 4 P waren von Anfang an (nur) ein beschreibendes Konzept, nicht mehr und nicht weniger. Die latent vorhandene Möglichkeit, sie mit einer Veränderung in ein funktionales Modell umzuwandeln, unterblieb (leider).
In Summe lässt sich sagen, dass die 4 P zu ihrer Entstehungszeit eine innovative Formel darstellten, Kreativität greifbar zu machen und eine konzeptionelle Klarheit für das Konstrukt Kreativität zu bringen - und gleichzeitig eine exzellente Vorlage sind für das erweiterte und funktional aktualisierte Modell der Kreativen Performance.